Die deutschen Behörden haben zu viel Zugang zu Internet- und Mobiltelefondaten und Gesetze müssen neu geschrieben werden, da sie aktuell verfassungswidrig sind, so lautet ein neuer Gerichtsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden, dass die Privatsphäre der Deutschen besser geschützt werden soll.
Wenn die Polizei Verbrechen untersucht, oder versucht Terroranschläge zu verhindern, darf Sie derzeit auf Namen, Adressen, Geburtsdaten und IP-Adressen zugreifen.
Aktivisten haben die bestehenden Gesetze jedoch angefochten und nun sind sich die Richter einig: Die Polizei sollte solcher Zugang nur gewährt werden, wenn eine bestimmte Gefahr oder der dringende Verdacht eines Verbrechens besteht. Aktuelle Gesetze verletzten das Recht der Bürger auf Telefon- und Internet-Datenschutz, so das Urteil des Gerichtes.
Die Privatsphäre ist aus historischen Gründen ein wichtiges Anliegen vieler Deutschen. Sie geht auf den allgegenwärtigen Stasi-Geheimdienst der alten DDR und die bösartige Gestapo der Nazizeit zurück. Wer seine Telefon und Internetdaten aktuell in Deutschland schützen möchte, sollte unbedingt einen VPN nutzen.
Warum muss das Gesetz geändert werden?
Eine der beiden Klagen wurde 2013 von den europäischen Piratenparteipolitikern Patrick Breyer und Katharina Nocun, die von 6.000 Menschen unterstützt wurden, beim Gericht eingereicht. Sie beschwerten sich, dass die Polizei in relativ geringen Ermittlungen Zugang zu Daten wie E-Mail-Passwörtern und PIN-Nummern erhalten habe.
Das Gericht entschied, dass die Telekommunikationsgesetze bis Ende nächsten Jahres geändert werden müssen
Bestehende Gesetze bedeuteten, dass die Ermittler auch ohne Zustimmung eines Richters auf solche Daten zugreifen konnten, argumentierten die Beschwerdeführer.
Die Regierung wurde nun vom Gericht angewiesen, das Telekommunikationsgesetz bis spätestens Ende 2021 zu überarbeiten.
Datenschutzbedenken waren auch ein großes Problem, als Deutschland seine Coronavirus-Warn-App entwickelte, um sicherzustellen, dass die zentral gespeicherten Daten anonym waren und innerhalb von zwei Wochen gelöscht wurden. Rund 15 Millionen Menschen haben die App inzwischen heruntergeladen.
Das Urteil wird voraussichtlich auch Auswirkungen darauf haben, wie ein neues Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus angewendet wird. Laut Gesetz müssen Facebook, Twitter und YouTube Hassreden der Polizei melden und schädliche Inhalte innerhalb von 24 Stunden löschen. Die Regierung in Berlin handelte, nach einer tödlichen Schießerei im vergangenen Oktober vor einer Synagoge und in einer Kebab-Bar in der östlichen Stadt Halle. Die Ermittler stellten fest, dass der Verdächtige antisemitische Websites besucht hatte. Der 28-jährige Stephan Balliet soll nächste Woche in Magdeburg wegen Doppelmordes und des versuchten Mordes an 68 weiteren Personen vor Gericht gestellt werden.